Kellerkinder feiern Klassenerhalt

Am 26. und finalen Spieltag der 1. Regionalliga West geht es für die Kellerkinder um alles. Bei einem Sieg gegen die Tabellenvorletzten aus Salzkotten sichern sich die Aufsteiger den Klassenerhalt, ohne auf Schützenhilfe der Verfolger oder der ProB angewiesen zu sein. Bei einer Niederlage muss die Mannschaft von Trainer Mario Kyriasoglou zittern und auf eine Niederlage der punktgleichen Leverkusener gegen Ibbenbüren hoffen – so kommt es in Salzkotten zu einem Fernduell im Endspurt um den Klassenerhalt. 

Während es für Deutz um die Wurst geht, steht der Abstieg für die Gastgeber aus Salzkotten bereits vor der Partie so gut wie fest. Die knappe Zwei-Punkt-Niederlage im Hinspiel liegt den Sälzern allerdings noch im Magen, wie Headcoach Stefan Schettke vor der Partie zu Protokoll gibt: „Wir haben eine kleine Rechnung aus dem Hinspiel offen, das wir mit zwei Punkten verloren haben. Und gerade dadurch, dass wir jetzt eine etwas längere Pause vor uns haben, ist es schön die Saison mit einem Sieg zu beenden.“ Die Ost-Westfalen waren im Dezember von einem zwischenzeitlichen 18-Punkte-Rückstand (62:44) zurückgekommen, hatten eine Minute vor Schluss nach großem Kampf nochmal ausgeglichen und am Ende dennoch verloren (90:88). So behielten die Aufsteiger aus Deutz die Punkte in der Domstadt und zogen zum Ende der Hinrunde an den Sälzern vorbei.

Die Kellerkinder starten mit drei Punkten von Gero Boch, der im Distanzwurf gefoult und mit drei Freiwürfen belohnt wird. Der Kapitän verwandelt sicher und bringt seine Mannschaft mit 3:0 in Führung. Doch Salzkotten spielt befreit auf, trifft hochprozentig und geht nach einem schnellen 6:0-Lauf erstmals in Führung (6:3). Immer wieder nutzen die Gastgeber die Ballverluste und Fehlwürfe der Domstädter zu schnellen Tempogegenstößen und führen nach vier Spielminuten mit 13:7. 

DTV-Topscorer Philipp Pfeifer setzt mit seinem Treffer den Startschuss für seine Mannschaft, die nun allmählich ins Spiel findet und beginnt kontinuierlich zu punkten. Nach den ersten zehn Minuten steht es 19:26 aus Sicht der Deutzer, ein alles in allem enttäuschendes Auftaktviertel. 

Das Problem liegt vor allem in der Deutzer Defensive, die sich auch im zweiten Viertel noch um Zugriff bemüht. Nach fünf ausgeglichenen Minuten im zweiten Viertel laufen die Domstädter immer noch einem Sieben-Punkte-Rückstand hinterher (26:33). Dann sind es die drei besten Scorer der Sälzer Dominik Wolf (26), Hanno Kretschmann (16) und Kapitän Felix Wenningkamp (18), die einen 12:0-Lauf initiieren und dem DTV in 180 Sekunden eine 21-Punkte-Hypothek bescheren. Mit 30:51 aus Sicht der Aufsteiger geht es in die Pause, eine gebrauchte erste Halbzeit.

Die Halbzeitansprache von Gero Boch und Mario Kyriasoglou hat es im Angesicht einer Niederlage in sich: Während der Kapitän seine Mitspieler an der Ehre packt, prophezeit der Headcoach seiner Mannschaft eine zweite Halbzeit von der sie noch ihren Enkeln erzählen würde. Mit einigen taktischen Umstellungen, einer leicht abgewandelten Anfangsfünf und einer gehörigen Portion Druck geht es für die Kellerkinder zurück aufs Feld.

Doch auch die fünfzehnminütige Halbzeitpause ändert zunächst nichts daran, dass Hanno Kretschmann trifft. Der 21-Jährige Aufbauspieler erhöht den Deutzer Rückstand mit seinen fünf Punkten auf satte 26 Zähler. So steht es nach 22 Spielminuten 56:30 für die Sälzer. Doch Florian Schulz antwortet mit einem Lay-Up zum 32:56 und leitet damit die vom Trainer geforderte Aufholjagd ein. Die taktische Umstellung in der Defensive beginnt nun zu greifen, die Ganzfeldpresse stoppt das Tempo der Gastgeber und bringt Verunsicherung ins Offensivspiel der ACCENT Baskets. Nach 24 Spielminuten erarbeitet sich der DTV so den ersten Lauf des Spiels und verkürzt den Rückstand nach einem 10:2-Run auf 16 Punkte (46:62). Nach 28 Minuten folgt ein 6:0-Lauf, der die Deutzer auf elf Punkte heran- (55:66) und sie langsam aber sicher wieder in Schlagdistanz bringt. In acht Spielminuten legen die Gäste einen 31:16-Run auf das Sälzer Parkett und nehmen den Ost-Westfalen so in rekordverdächtiger Zeit ganze fünfzehn Punkte ab. Mit elf Punkten Rückstand (61:72) geht es für den DTV ins Schlussviertel.

Center Tommy Warnecke trifft zum Auftakt des vierten Viertels und macht den Rückstand erstmals seit der 16. Spielminute wieder einstellig (63:72). Doch die Sälzer antworten und ziehen mit vier schnellen Punkten wieder davon (63:76). Fünf Spielminuten vor Schluss hat der DTV zwar bereits 16 Punkte aufgeholt, liegt jedoch immer noch mit zehn Punkten zurück (71:81). Auch drei Minuten vor Schluss scheint Felix Wennigkamp immer eine Antwort zu haben und hält den Vorsprung der Sälzer mit zwei eigentlich sehr gut verteidigten Dreiern in Folge konstant bei zehn (77:87).

Doch die DTV-Veteranen Florian Schulz und Gero Boch starten einen schnellen 7:0-Lauf und bringen die Domstädter zwei Spielminuten vor Schluss auf vier Punkte heran (84:88). Als Nachwuchs-Flügelspieler Julian Litera seinen Dreipunktwurf zum 87:88-Anschluss versenkt, scheint sich das Hinspiel zu wiederholen. Wer sonst außer Gero Boch könnte es nun sein, der seiner Mannschaft nach 38 Minuten im Rückstand die zweite Führung des Spiels beschert (89:88). Patrick Reusch, der trotz langer Verletzungspausen in dieser Saison abermals fantastisch aufspielt, als wäre er nie weg gewesen, erhöht die Führung auf vier Punkte (93:89). Boch und Litera bauen die Führung nach taktischen Fouls der Sälzer dann sogar noch auf sieben Punkte aus, sodass die Kölner am Ende mit 96:89 gewinnen. Ein historisches Comeback der Deutzer Kellerkinder, die sich damit als einziger der drei Aufsteiger den Klassenerhalt sichern können.

„Wir haben in der ersten Halbzeit alles zugelassen, was wir Salzkotten wegnehmen wollten. Die Sälzer haben uns mit nichts überrascht, sondern exakt das gemacht, was wir erwartet haben – offensiv wie defensiv. Wir waren aber wie gelähmt. Nach der Halbzeit waren die Konzentration in der Defense und die Trefferquote dafür auf einem sensationellen Niveau“, fasst der überglückliche DTV-Coach Kyriasoglou die Partie zusammen.

Match-Winner der Deutzer Kellerkinder ist neben Florian Schulz, der 21 Punkte erzielt, und Philipp Pfeifer, der sich ein weiteres Double-Double erkämpft (14 Punkte/12 Rebounds), Youngster Julian Litera. Der 20-Jährige macht zwölf seiner fünfzehn Punkte in den letzten sechs Spielminuten und verwandelt dabei 80% seiner Dreipunktwürfe (4/5), eine Wahnsinnsquote. So reichen dem DTV 94 Sekunden in Führung, um das Spiel zu gewinnen. Die zweite Halbzeit geht mit 66:38 an den DTV, der allein in den letzten sechs Spielminuten 24 Punkte erzielt. Auch die Trefferquote der Kellerkinder in der zweiten Halbzeit sucht ihresgleichen: Über 70 Prozent der Würfe finden ihr Ziel, nicht nur aus dem Zweipunktebereich, sondern auch von der Dreierlinie, wo die Deutzer unglaubliche 8/11 in der zweiten Halbzeit verwandeln.

Mit entscheidend ist wie im Hinspiel auch die Tiefe der Bank. Während die Sälzer Ersatzspieler gemeinsam 17 Punkte erzielen, machen die Kölner Bankspieler 47 Punkte und knüpfen damit an die 54 Punkte aus dem Hinspiel an. Sechs von zehn eingesetzten Deutzern punkten sogar zweistellig, eine fantastische Mannschaftsleistung. 

Die Gastgeber liefern ihren Zuschauern zum Saisonabschluss und gleichzeitigen Abschied aus der Liga einen großen Kampf und ziehen am Ende nur knapp den Kürzeren. Für Salzkotten geht es erstmals seit 27 Jahren in die zweite Regionalliga. Neben den Sälzern müssen sowohl das Tabellenschlusslicht aus Kamp-Lintfort als auch die Co-Aufsteiger Dortmund und Leverkusen den Gang in die zweite Regionalliga antreten. Denn mit Essen, Rhöndorf und Köln kommen gleich drei Teams aus der ProB in die 1. Regionalliga West zurück, sodass ausnahmsweise sogar vier Mannschaften aus der „1. Regio“ absteigen müssen.

Mario Kyriasoglou ist stolz auf die Saisonleistung seiner Truppe: „Die Mannschaft hat diese Saison alle Charaktertests bestanden: Eine Neun-Spiele-Niederlagenserie, zahlreiche Verletzungen, etliche knappe Niederlagen gegen Topteams und die eine oder andere dicke Klatsche. Da dachte ich eigentlich, dass ich vor dem letzten Spiel schon alles gesehen hatte. Wie wir uns aber in 17 Spielminuten als Team aus einem 26-Punkte-Loch befreit haben und das, obwohl wir genau wussten, dass eine Niederlage den Abstieg bedeuten kann, ist ein bemerkenswertes Kapitel in der Kellerkinder-Geschichte.“

Ohne einen bezahlten Spieler, geschweige denn Importe aus dem Ausland, schafft es der Vizemeister der 2. Regionalliga mit punktuellen Ergänzungen des Kaders in der 1. Regionalliga Fuß zu fassen. Nach drei Siegen in der Hinrunde machen die Kölner in der Rückrunde einen großen Schritt nach vorne, besiegen Recklinghausen (82:79) und Ibbenbüren (85:77) und bringen Topteams wie Herford (103:106 n.V.) oder BG Hagen (72:76) an den Rande einer Niederlage, nachdem in der Hinrunde bereits Meister Düsseldorf nur mit dem Schrecken einer Niederlage entkommen war (65:67). Zur ganzen Wahrheit gehören selbstverständlich auch die vom Trainer bereits erwähnten Klatschen, beispielsweise gegen Grevenbroich (56:93) und Dorsten (68:110). Alles in allem überrascht der stets als Außenseiter gehandelte DTV mit acht Siegen aus 26 Spielen (sieben aus den letzten 16 Spielen) zahlreiche Beobachter und kann die erste Viertligasaison in der Vereinshistorie mit dem Klassenerhalt krönen.

1,2,3…Kellerkinder!

Eine Zusammenfassung des Spiels gibt’s SälzerTV: https://www.youtube.com/watch?v=pe0dpKzT_AE

Für die Kellerkinder am Ball: 
Schulz (21), Reusch (16), Litera (15), Pfeifer (14), Boch (12), Steffens (10), Wandel (4), Warnecke (2), Türkan (2), Ossey (DNP), Vermum (DNP).

Viertelpunkte: 
1. Viertel: 26:19, 2. Viertel: 25:11, 3. Viertel: 21:31, 4. Viertel: 17:35 – Endergebnis: 89:96.

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